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1.Eckdaten
Titel: „Danube – Recipes and Stories from Eastern Europe“
Autorin: Irina Georgescu
Verlag: Hardie Grant Publishing (UK)
Erscheinungsjahr: 2025 (Englische Originalausgabe)
Sprache: Englisch
2. Inhalt und Konzept
• Beschreibung des Konzepts
„Danube“ ist mehr als ein Kochbuch – es ist eine kulinarisch-kulturelle Liebeserklärung an das Leben entlang des unteren Donaulaufs, zwischen Rumänien, Serbien und Bulgarien. Mit jedem Kapitel, jedem Rezept und jeder persönlichen Erinnerung lädt Irina Georgescu dazu ein, diese ethnisch vielfältige Region zu erkunden, die geprägt ist von römischem Erbe, Fastentraditionen, fruchtbaren Ebenen, wechselvoller Geschichte – und vor allem: von einer Küche, deren Herzstück Großzügigkeit ist.
Die Rezepte sind bodenständig, sättigend und tief in der Alltagsküche verwurzelt. Viele von ihnen sind vegetarisch oder zumindest in der Hauptsache mit Gemüse, inspiriert durch religiöse Fastenzeiten, Gartenküche und Vorratshaltung. Fisch spielt eine untergeordnete, aber symbolisch starke Rolle – als Gabe der Donau. Fleisch hingegen gilt als Festessen und tritt nur vereinzelt auf. Stattdessen dominieren Mămăligă (Polenta), Eintöpfe, Dips, gefülltes Gemüse, Gebäck und Konserviertes – einfach, ehrlich und voller Geschmack.
Das Buch beginnt mit einer Reise durch die rumänischen Regionen Banat, Walachei und Dobrudscha und weitet sich dann auf serbische und bulgarische Grenzräume aus – immer mit dem Blick für das, was die Menschen zu Hause kochen. Georgescu verwebt Rezepte mit Geschichten, Erinnerungen an ihre Familie (insbesondere ihren Großvater Gheorghe) und Reflexionen über Sprache, Mentalität und kulinarisches Erbe.
• Besonderheiten des Buches
Was „Danube“ besonders macht, ist die dichte Verwebung von Rezept, Erinnerung und kulturellem Kontext. Irina Georgescu kocht nicht nur entlang der Donau – sie erzählt auch von ihr. Die Rezepte sind tief verwurzelt in der Hausküche, die von saisonalem Gemüse, Vorratshaltung und alten Fastentraditionen geprägt ist. Dabei stehen Alltagstauglichkeit, Geschmack und Authentizität im Vordergrund – ganz im Sinne ihres Mottos: „Quick and bold – just like the people along the Danube.“ („Schnell und kühn – genau wie die Menschen an der Donau.“, S. 10.)
Gleichzeitig versteht sich das Buch als erzählender Begleiter: In persönlichen Anekdoten und atmosphärisch dichten Essays erfahren wir von Georgescus Großvater, vom Brotbacken unter Tonhauben, von der Geschichte Olteniens und vom Einfluss des Römischen Reichs auf Sprache und Küche. Diese Erinnerungen sind keine folkloristische Rückschau, sondern reflektieren, wie Identität über Essen weitergegeben wird.
Die Landschaft, das Temperament der Menschen und die kulturelle Vielfalt der Region spiegeln sich in einer Küche wider, die bodenständig und großzügig ist. Ob einfache Polenta, eingelegte Paprika, cremige Bohnengerichte oder käsereiche Pita – die Rezepte verbinden Alltagsküche mit emotionalem Erbe. Selbst Grundrezepte wie die Mămăligă (Polenta) erhalten eine Einleitung, die von Fürsorge, Geschmack und pandemischen Kochkursen erzählt. So wird aus jedem Gericht auch eine kleine Geschichte über Herkunft, Wandel und Gemeinschaft.
• Struktur des Buches
„Danube“ ist in neun thematische Kapitel gegliedert, deren Titel poetisch und geographisch zugleich klingen. Jedes Kapitel führt in eine Region, eine kulinarische Landschaft oder ein kulturelles Erbe entlang der Donau ein – oft mit einem erzählerischen Auftakt, der Geschichte, Erinnerung und Alltagskultur verknüpft. Die Kapitelüberschriften sind bewusst metaphorisch gewählt: Sie stehen nicht nur für Zutaten oder Zubereitungsarten, sondern für das Lebensgefühl ganzer Landstriche. So wird der Fluss nicht bloß als geografisches Element verstanden, sondern als verbindende Lebensader, deren kulturelle Vielfalt sich im Essen widerspiegelt.
Die neun Kapitel lauten:
- First Steps on Eastern Lands (Erste Schritte in die östlichen Landesteile)
– Der Auftakt einer Reise in den rumänischen Teil der Donau, insbesondere ins Banat, in die Walachei und nach Dobrudscha. Hier geht es um Ursprünge, bäuerliche Rituale und erste kulinarische Begegnungen. - A Land of Millers (Ein Land der Müller)
– Getreide, Mehl und Mühlenküche stehen im Fokus. Hier finden sich Brotrezepte, Pitas, Teigwaren und gebackene Klassiker, die oft eng mit Festen oder religiösen Traditionen verknüpft sind. - A Land to Share (Ein Land zum Teilen)
– Gemeinschaftsgerichte, festliche Anlässe, Erntedank und das Praznic (ein serbisches Hausfest) bilden das Zentrum dieses Kapitels. Die Küche ist hier ein sozialer Akt, das Teilen ein symbolischer Moment. - A Land of Broths (Ein Land der Suppen und Brühen)
– Suppen, Brühen und Eintöpfe, oft vegetarisch, manchmal mit Fleisch oder Fisch. Viele dieser Gerichte stammen aus der Fastenzeit und zeigen, wie viel Tiefe in vermeintlich einfachen Zutaten steckt. - A Land of Vegetables (Ein Land voller Gemüse)
– Ein Kapitel, das der Gartenküche gewidmet ist: gefülltes Gemüse, Paprika, Bohnen, Auberginen, Chard & Co. spielen hier die Hauptrolle. Es ist das grünste und wohl auch vielfältigste Kapitel des Buches. - A Land of Fishermen (Ein Land der Fischer)
– Fischrezepte aus der Donauregion, traditionell und einfach zubereitet: Karpfen, Makrele oder Süßwasserfisch in Eintöpfen, als Aufstrich oder gebraten. - A Land of Shepherds (Ein Land der Schäfer)
– Hier geht es um Milchprodukte, Schafskäse, Joghurt und einfache Gerichte aus der Almwirtschaft, etwa mit Burduf oder Telemea. Deftige, nahrhafte Küche mit bäuerlichen Wurzeln. - A Land of Fruit and Nuts (Ein Land der Früchte und Nüsse)
– Der süße Teil der Vorratskammer: Konfitüren, Nüsse, getrocknete Früchte, oft im Gebäck – aber auch als Grundlage für Nachspeisen. - A Land of Delicacies (Ein Land der Köstlichkeiten)
– Das finale Kapitel versammelt feine, oft festliche Gerichte: süße und salzige Spezialitäten, ikonische Leckereien, Frühstücksbrote, Aufstriche oder Nachtisch-Klassiker mit besonderem Twist.
Aber nun im Detail:
Kapitel 1: First Steps on Eastern Lands (Erste Schritte in die östlichen Landesteile)
Das erste Kapitel markiert den Auftakt der kulinarischen Donau-Reise und führt tief hinein in die Regionen des rumänischen Banat, an die Ufer der Eisernen Tore und in Dörfer wie Svinita und Eibenthal. Es ist eine Einführung in die kulturelle Komplexität dieser Grenzlandschaften – geprägt von rumänischen, serbischen, deutschen, ungarischen und tschechischen Einflüssen. Irina Georgescu verbindet historische Hintergründe – wie den Einfluss des Römischen Reiches, die Spuren der Daker oder die christlichen Bräuche des Praznic – mit persönlichen Beobachtungen und familiären Erinnerungen. Schon hier zeigt sich ihr Stil: empathisch, geschichtsbewusst, liebevoll gegenüber den Menschen, die sie trifft.
Besonders berührend ist die Szene, in der sie von fig jam (Feigenmarmelade) und Kaffee mit Radmila erzählt, oder wie sie das Essen bei einem tschechischen Restaurant in Eibenthal beschreibt: Kartoffelpfannkuchen mit Meerrettichcreme und Gurken, serviert auf flachen Tellern, dazu Bier aus der Region. Die Geschichte des tschechischen Dorfes wird nicht nur erzählt, sondern kulinarisch erlebbar gemacht. Beispielhafte Rezepte in diesem Kapitel:
Panierter Käse mit Sauce Tartare
Hefepfannkuchen mit Mohnsamen
Herzhafter Brot- und Butterpudding mit Speck
Eier mit geschmortem Lauch und Zucchini
Hirsebrei mit Milch und Marmelade
Salat mit geräucherter Makrele
Polenta mit saurer Sahne, Käse und Eiern
Eibenthaler Kartoffelpuffer mit Meerrettichsahne und Gewürzgurken (inkl. Hintergrundgeschichte zur tschechischen Einwanderung)
„First Steps on Eastern Lands“ ist mehr als nur ein Auftakt – es ist eine kartografische und emotionale Verortung. Es zeigt, wie eng Alltagsküche, Geschichte und Erzähltradition miteinander verflochten sind – und dass ein Pfannkuchen mehr erzählen kann als ein Geschichtsbuch. Georgescu gelingt es hier, Leser*innen auf leise, poetische Weise an ihre Hand zu nehmen und mit an den Tisch zu setzen.
Kapitel 2: A Land of Millers (Ein Land der Müller)
In diesem Kapitel dreht sich alles um Mehl, Teig, Brot und Gebäck – aber auch um das, was aus der Verbindung von Erde, Handwerk und Geschichte entsteht: kulturelles Gedächtnis in Brotform. Georgescu widmet sich der Getreideküche der Regionen Oltenia und Dobrogea, eingebettet in kleine Geschichten über Festungstürme, Familienschätze und den Duft von Aschebrot aus 2000 Jahren Backtradition.
Zentral ist die Region Oltenia, deren Küche eng mit Verteidigungsarchitektur und bäuerlichem Leben verbunden ist. In den Cule, den alten Wehr- und Wohnbauten des Adels, wurde nicht nur Zuflucht gesucht, sondern auch gespeist. Irina Georgescu erzählt von vergessenen Rezeptheften, renovierten Landsitzen und dem Versuch, das architektonische wie kulinarische Erbe zu bewahren.
Das Kapitel lebt von den Gegensätzen: Vom aristokratisch angehauchten „neo-boyar cuisine“ mit Wein und raffinierten Crackern bis hin zum uralten, römisch geprägten Oltenian Ash Bread, das unter einer Tonschale im offenen Feuer gebacken wird. Dabei wird das Brot zum Symbol für Widerstand, Verwurzelung – und Liebe. Einige Rezepte aus dem Kapitel:
Oltenisches Aschenbrot ( ein uraltes Brot unter Asche gebacken, mit kluger Rückbindung an römische Testum-Technik)
Käsetorte aus Dobrudscha
Schinken-Schleifen
Lammpasteten mit Wassermelone
Lauch-Reis-Pastete
Tartar-Brötchen mit Pflaumenkompott
Filo-Pastetchen mit Zwiebeln und Walnüssen
Liebesbrote
„A Land of Millers“ ist ein Kapitel über Tradition, Wandel und bewahrte Erinnerung. Brot steht hier nicht nur für Ernährung, sondern für Identität. Die Rezepte reichen von einfach bis festlich, von bäuerlich bis elegant – und zeigen eindrucksvoll, wie viel Geschichte in einem Stück Teig stecken kann.

Dragobete ist der rumänische Valentinstag – gefeiert am 24. Februar. Er markiert den Frühling, bringt erste Blüten, geschmolzenes Schneewasser … und manchmal einen gestohlenen Kuss von dem Mädchen, das man heiraten möchte. Es ist ein Tag voller Erwartung und Neubeginn. Und irgendwann später im Leben, am Hochzeitstag, wird dieses Ritual fortgeführt – mit Brot, das aussieht wie Vögel. Denn Dragobete ist auch ein Nestbau-Ritual. Irina Georgescu sammelt all diese Bruchstücke – Frühling, Schnee, Liebe, Brot – und formt daraus ein Rezept für die Suche nach neuer Liebe. Und empfiehlt für ihr Rezept für die Liebesbrot:
„Back das Brot mit richtig viel Salz. Iss es vor dem Schlafengehen. Im Traum wird dir der Mensch erscheinen, den du liebst. Er oder sie wird dir Wasser bringen, um deinen Durst zu stillen.“ 🥰
Kapitel 3: A Land to Share (Ein Land zum Teilen)
Dieses Kapitel feiert das gemeinsame Essen als kulturelle Praxis – nicht nur als Akt der Gastfreundschaft, sondern als Ausdruck von Identität, Erinnerung und Miteinander. Die Gerichte, die hier vorgestellt werden, sind so konzipiert, dass sie geteilt werden können – in Form von Salaten, Aufstrichen, warmen Beilagen oder Gebackenem. Doch „A Land to Share“ geht über Rezepte hinaus: Es erzählt von den Menschen, die sie weitergeben – und den Landschaften, die sie geprägt haben. Ein zentraler Abschnitt ist den bulgarischen Gemüsebauern in Walachei gewidmet, die im 18. und 19. Jahrhundert auf der Flucht vor der osmanischen Herrschaft die Donau überquerten. Sie brachten nicht nur Saatgut und Anbauwissen mit, sondern auch eine tief verwurzelte Esskultur, die von Fastenzeiten, Gemüsevielfalt und Vorratshaltung geprägt ist. Besonders eindrücklich ist die Geschichte von Băleni-Sârbi, heute das größte Gemüseanbaugebiet Rumäniens – berühmt für Paprika, Tomaten, Gurken, Kohl, Bohnen, Kren und Kräuter.
In einem weiteren Einschub spricht Georgescu mit Petya Borisova, einer Bulgarin, die ihre kulinarischen Wurzeln in Amsterdam pflegt. Ihre Erzählungen führen in eine Küche, die von orthodoxen Fastenzyklen, selbst angebauten Zutaten und türkischen Einflüssen lebt – eine Küche der Vielfalt, der Anpassung, des Erinnerns. Ein dritter Einschub widmet sich den Olteniern – einem stolzen, historisch tief verankerten Volk, das seine Wurzeln auf die Römer zurückführt. Georgescu beschreibt ihre Küche als eine der Widerständigkeit und der gelebten Vergangenheit: mit Sauerampfer, Lauch, Lorbeer, Liebstöckel, Sauersuppen und dem berühmten Aschebrot unter dem Testum. Die Landschaft, die Oltenien vom Rest des Landes oft isoliert hat, hat gleichzeitig geholfen, die kulinarische DNA zu bewahren. Beispielhafte Rezepte aus dem Kapitel:
Kartoffel-Eier-Salat mit Oliven
Gartenerbsenaufstrich mit Minze
Gebratener Mangold nach Oltenier Art mit Knoblauchdressing und cremiger Polenta
Gebratener Paprikasalat aus Vlach
Vegetarischer Braten mit Pilzen und Frühlingszwiebeln
Aufstrich aus gebratenem Gemüse und Fisch
Blumenkohlsalat mit Tomatendressing
„A Land to Share“ ist das Kapitel der offenen Küche – geografisch wie menschlich. Es verbindet die Essgewohnheiten verschiedenster Volksgruppen entlang der Donau und zeigt, wie viel Kraft in der Alltagsküche liegt. Die Gerichte sind einfach, aber durchdacht – geprägt von Gärten, Erinnerungen und dem Willen, etwas zu bewahren.
Kapitel 4: A Land of Broths (Ein Land der Suppen und Brühen)
Dieses Kapitel ist den klaren, oft säuerlichen Suppen Osteuropas gewidmet – in Rumänien bekannt als ciorbă oder zeamă. Diese Suppen sind weit mehr als Vorspeisen: Sie gelten als Seelenessen, als Frühstück, Mittag- oder Abendmahlzeit, als Trostspender und Frischekick zugleich. Irina Georgescu beschreibt eindrucksvoll, wie die Aromatik dieser Suppen durch ein säuerndes Element am Ende des Kochvorgangs entsteht – meist Essig (oțet), aber auch Sauerkrautsaft, vergorene Weizenkleie (borș), Verjus oder pürierte Früchte wie Mirabellen, Stachelbeeren oder Pflaumen.
Die Suppen selbst werden mit Wasser, Zwiebeln, Gemüse, Kräutern und manchmal Fleisch oder Fisch gekocht. Brühe spielt dabei traditionell keine Rolle – es wird direkt aus Gemüse und sanftem Garen Geschmack extrahiert. Die Zugabe von Eiern (z. B. als „Zerde“ oder Omelettstreifen) sowie Käse wie Telemea (in Suppe oder Klößchen) ist typisch für viele südliche Varianten. Die Einleitung verweist auch auf den kulturellen Wandel: ciorbă hat sich in den letzten Jahren vom schlichten Alltagsgericht zum kulinarischen Symbol Rumäniens entwickelt – und wird inzwischen als eine Art Nationalgericht neu entdeckt und gefeiert. Beispielhafte Rezepte :
Oltenische Suppe mit gefüllten getrockneten Paprikaschoten
Vitaminsuppe mit Frühlingszwiebeln, Kopfsalat und Eiern
Walachische Gemüsesuppe mit säuerlicher Note
Tartaren-Suppe mit Bohnen und breiten Bandnudeln
Lamm-Suppe mit Graupen und Minze
Tomatensuppe mit Käse-Grieß-Klößchen
„A Land of Broths“ zeigt die Vielfalt rumänischer Suppenkultur – zwischen Frische, Säure und zarter Würze. Es ist das sanfteste und gleichzeitig aromatischste Kapitel des Buches: voller Erinnerungen an Mütter, Großmütter, Improvisation und hausgemachte Sättigung. Wer glaubt, Suppen seien langweilig, wird hier eines Besseren belehrt – denn sie sind ein kulinarischer Spiegel ganzer Regionen.
Kapitel 5: A Land of Vegetables (Ein Land voller Gemüse)
Dieses Kapitel ist eine Liebeserklärung an das Gemüse – und an Dobrogea, die östlichste Region Rumäniens, wo die Donau sich in drei Arme aufteilt und schließlich ins Schwarze Meer mündet. Irina Georgescu erzählt von einem Landstrich, der seit Jahrtausenden von unterschiedlichen Kulturen geprägt wurde – von Griechen, Römern, Tataren, Türken, Armeniern, Roma, Mazedoniern, Bulgaren, Griechen, Deutschen, Gagauzen. Ein „melting pot“ mit einem kulinarischen Gedächtnis, das so tief reicht wie die fruchtbaren Böden, auf denen hier Gemüse wächst.
In der Küchenlandschaft von Dobrogea geht es um Vielfalt, Saisonalität und eine Landwirtschaft, die seit jeher auf Wind, Handwerk und Wasserkraft setzte – bis heute prägen Mühlen, Gärten, Hirtenküche und einfache Vorräte die Gerichte. Während entlang der Küste Fisch eine größere Rolle spielt, ist das Hinterland berühmt für Hülsenfrüchte, Wildkräuter, Sauermilchprodukte und herzhafte Gemüseeintöpfe. Die Küche ist geprägt von klösterlicher Einfachheit, Fastentraditionen und einer Alltagsküche, die nicht protzt, aber nährt. Typisch sind filigrane Teigwaren, Polenta, Sauerkraut, Lauch, Bohnen und Kartoffeln, oft ergänzt durch Käse, Kräuter oder Saures. Dabei spürt man, wie stark diese Küche durch das Zusammenleben vieler Ethnien geprägt wurde – ohne dass sie ihre Bodenhaftung verloren hätte. Beispielhafte Rezepte:
Stangenbohneneintopf
Champignons in Sauerrahmsoße mit Polenta
Laucheintopf mit Oliven
Quittenreis mit Rosmarin
Kartoffeleintopf mit Käse-Filo-Kruste
Erbsen-Saubohnen-Eintopf mit Eierbrot
Breite Bandnudeln mit Sauerkraut
Klostergemüseeintopf mit Polenta-Croutons
Mit Hirse und Pilzen gefüllte Weinblätter
Gefüllte Paprika mit Linsen und Bulgur
„A Land of Vegetables“ ist mein liebstes Kapitel im Buch – voller aromatischer Eintöpfe, milder Säuren, frischer Kräuter und stiller Geschichten. Es ist ein kulinarischer Beweis dafür, dass Gemüsegerichte nicht die Beilage, sondern die Seele eines Essens sein können. Wer sich auf dieses Kapitel einlässt, wird nicht nur satt – sondern vielleicht sogar ein kleines bisschen erleuchtet. Denn: Hier zeigt sich, wie reich die vermeintlich „arme“ Küche sein kann.
Kapitel 6: A Land of Fishermen (Ein Land der Fischer)
Dieses Kapitel führt in die Fischküche des Donaudeltas und der Schwarzmeerküste – eine Region, in der der Fluss sein Ende findet, aber die kulinarischen Geschichten beginnen. Der Fokus liegt auf den Lipowenern, alten Fischergemeinschaften und einer tief verwurzelten Tradition des einfachen, aber klugen Umgangs mit dem, was das Wasser schenkt.
Georgescu beschreibt eindrucksvoll den Alltag der Fischer: einsame Lager am Ufer, das Kochen über dem Feuer, fermentierte Zutaten wie borș, Wasserlilienwurzeln, Kastanien und Fischeier. Die Küche war einfach und improvisiert, aber voller Wissen: Der Fisch wurde ganz gebraten, in Maismehl gewälzt, auf Salzplatten gegrillt oder in Eintöpfen pochiert – mit Knoblauchsoße, Polenta oder Brot aus gemeinschaftlichen Lehmöfen. Auch das kulturelle Gedächtnis der Region findet seinen Platz – etwa bei der Beschreibung der Festungen von Argamum oder Enisala, die einst als Grenzposten dienten und heute als malerische Zeugnisse eines bewegten Donauraums gelten.
Ein weiteres Highlight: Georgescu verwendet für die Rezepte bewusst zugängliche Fischsorten wie Lachs, Seehecht oder Dorade, um die Küche des Donaudeltas auch im westlichen Alltag umsetzbar zu machen – ohne ihren Charakter zu verlieren. Beispielhafte Rezepte:
Gebratene Lachswürfel mit Paprika-Zwiebel-Salat und Kartoffelecken
In der Pfanne gebratene Dorade mit Knoblauchsoße und Polenta
Fischpaprikasch mit Eierklößchen
Fisch-Moussaka
Dill-Fischfrikadellen
Orzo-Schwarzmeer-Pilaw mit gerösteten Vermicelli und Seehecht
Die Rezepte in „A Land of Fishermen“ wirken bodenständig, aber nie langweilig – sie spiegeln die Lebensweise am Fluss und zeigen: Wo die Natur gibt, muss man nur klug nehmen und mit einfachen Mitteln Köstliches schaffen.
Kapitel 7: A Land of Shepherds (Ein Land der Schäfer)
Dieses Kapitel widmet sich einer der ältesten und traditionsreichsten Küchen entlang der Donau – der Schäfer- und Nomadenküche, insbesondere jener der Tataren, die seit Jahrhunderten in Dobrudscha leben. Es geht um eine Küche, die aus Notwendigkeit geboren wurde und dennoch mit einer erstaunlichen Raffinesse aufwartet. Und es ist auch ein Kapitel über Verlust, Flucht und kulturelle Widerstandskraft – erzählt durch Gerichte, Zutaten und Erinnerungen. Irina Georgescu beleuchtet die Geschichte der Krimtataren, die im Mittelalter nach Dobrudscha kamen, auf der Flucht vor der Zerschlagung ihrer Khanate. Ihre Kultur wurde unter sowjetischer Herrschaft systematisch unterdrückt – ihre Sprache verboten, ihre Religion verfolgt, ihre Menschen deportiert. Dennoch haben die Tataren in Rumänien ihre kulinarische Identität bewahrt – oft durch Rezepte, die im Alltag weitergegeben wurden.
In der Küche dominieren Lamm, Hammel, Joghurt, fermentierte Milchprodukte, Teigwaren, Polenta und Zwiebeln. Besonders stolz ist man auf kunstvoll gefaltete Teigtaschen wie şuberek (gefüllt mit Lammhack), die fluffigen Brötchen Geantîk, oder Nudelgerichte wie laçşa. In den traditionellen Tatar-Häusern, die oft einen Außenofen namens „pirim“ haben, werden Brote wie pazlama oder qalaqai gebacken – letzteres während der Frühlingsfeste, bei denen der Teig wie ein Rad über eine heiße Platte ausgerollt wird.
Der historische Kontext des Kapitels reicht weit – von der Goldenen Horde über die osmanische Integration bis zur russischen Annexion der Krim. All das ist nicht bloß Hintergrund, sondern spiegelt sich auch in der Kochweise wider: in der Rolle von Kräutern wie Liebstöckel, im Einfluss türkischer Backwaren, im sparsamen, aber gehaltvollen Umgang mit Fleisch. Beispielhafte Rezepte:
Im Topf geschmortes Huhn mit Saubohnen, Kopfsalat und wilder Zichorie
Lammragout mit Frühlingszwiebeln und Fladenbrot
Haiducken-Eintopf
Tatarische Kubete-Fleischpastete
Lammkoteletts à la Pastrami mit Polenta
„A Land of Shepherds“ ist eines der emotional und historisch tiefsten Kapitel in Irina Georgescus „Danube“. Es erzählt nicht nur vom Kochen, sondern vom Überleben durch Kochen – von Menschen, die ihre Identität in Rezepten konserviert haben. Die Gerichte verbinden Wärme mit Würde, Einfachheit mit Überlieferung. Dieses Kapitel zeigt: Kulinarik ist mehr als Geschmack – sie ist auch Gedächtnis.
Kapitel 8: A Land of Fruit and Nuts (Ein Land der Früchte und Nüsse)
Dieses Kapitel ist der süßen und zugleich sinnlichsten Seite der Donauküche gewidmet – mit Fokus auf Früchte, Nüsse, Milch, Grieß, Quark und aromatische Gewürze. Es ist ein Kapitel der Verführung: durch Konsistenzen, Erinnerungen, Düfte und durch die kulturelle Melange, die aus der osmanischen Vergangenheit entstanden ist. Irina Georgescu taucht hier tief in das kulinarische Erbe der türkischen, tatarischen und armenischen Gemeinden ein – insbesondere jener, die in Dobrudscha und am Schwarzen Meer leben. Sie erzählt von Ada Kaleh, der versunkenen Insel mit ihrer einzigartigen Kultur, und von Constanța, wo sich die größte türkische Community Rumäniens befindet.
Die Gerichte in diesem Kapitel verbinden lokale Zutaten mit osmanischer Raffinesse: eingekochte Fruchtsirupe, geröstete Nüsse, Rosenwasser, Grießcremes, Clotted Cream und säuerliche Obstnoten. Es ist ein Kapitel, das weniger auf Masse als auf Bedeutung setzt – jede Süßspeise ist Teil einer langen Tradition, eines Familienrezepts, eines Festtages oder einer interkulturellen Verbindung. Besonders spannend ist Georgescus Reflexion über kulinarische Identitäten und „Culinary Infidelities“ – wie sich Sprache, Geschmack und Geschichte in den Rezeptnamen widerspiegeln, ohne sie jemals ganz festzulegen. Ciorbă, pilaf, sarma, chiftea, ciulama – all diese Begriffe sind Zeugen eines kulturellen Austauschs, der nicht stillsteht, sondern weiterlebt. Beispielhafte Rezepte:
Grieß-Milch-Soufflé
Tulcea-Baklava
Apfelroulade mit Vanillecreme
Quark mit Wassermelone und Sesamkernen
Ada-Kaleh-Pekmez-Walnüsse
Walnuss-Fenchel-Kuchen mit Clotted Cream und pochierter Quitte
Grieß-Kataif mit Kirschmarmelade und Pistazien
Erdbeeren mit Rosenwasser-Crème anglaise
„A Land of Fruit and Nuts“ versammelt das süße Erbe von Jahrhunderten osmanischer, balkanischer und rumänischer Küchentraditionen. Wer auf der Suche nach einfachen, aber bedeutungsvollen Desserts ist, wird hier fündig. Und wer Geschichte durch Geschmack erleben will, auch.
Kapitel 9: A Land of Delicacies (Ein Land der Köstlichkeiten)
Dieses letzte Kapitel ist wie ein liebevoll gedeckter Vorratsschrank, der noch einmal alles aufbewahrt, was unterwegs gesammelt wurde: Eingemachtes, Fermentiertes, Selbstgebrautes, Konserviertes. Es ist ein Kapitel der Bewahrung – von Aromen, aber auch von Erinnerungen, Traditionen und Lebensweisen. Irina Georgescu beschreibt, wie entlang der Donau Lebensmittel erhalten werden, um sie über die Jahreszeiten hinaus genießen zu können. Es geht nicht um Luxus, sondern um die kluge Nutzung des Vorhandenen: Feigenkonfitüre, eingelegte Auberginen, Gewürzessige, Karottenmarmelade, Millet-Getränke, gegorener Traubensaft – alles mit einem kulturellen Unterton, der zeigt, wie sehr Konservieren auch Erzählen und Erinnern bedeutet.
Dabei wird klar: Die Donauküche endet nicht mit dem Hauptgang oder dem Dessert. Sie geht weiter – in Würzmitteln, Aufstrichen, Likören, Getränken, in kleinen Gläsern und Fläschchen, die beim nächsten Fest wieder auf dem Tisch stehen. Die Kapitel-Einleitung ist zugleich ein poetisches Schlusswort: Der Fluss, der alles verbindet – Geschichte, Völker, Religionen, Geschmäcker – wird hier zum Symbol für den kulinarischen Brückenschlag zwischen Vergangenheit und Zukunft. Georgescu schreibt über internationale Initiativen, über kulinarische Festivals, über die Bedeutung von Küche als Friedensgeste. Und lädt zum Abschluss ein, gemeinsam mit einem Glas Feigensirup oder einem Schluck Marghiloman-Kaffee auf das Erlebte anzustoßen. Beispielhafte Rezepte :
Feigenkonfitüre
Fichtensprossen-Sirup
Eingelegte Auberginen mit Gemüse
Karottenmarmelade
Kräuteressig
Marghiloman-Kaffee (mit Rum)
Vergorener Traubensaft
Vergorenes Hirsegetränk
„A Land of Delicacies“ ist Erinnerung und Vorrat zugleich. Es bewahrt, was kostbar ist – geschmacklich, kulturell und emotional. Wer dieses Kapitel liest, begreift: Ein Rezept ist mehr als ein Text. Es ist eine kleine Zeitkapsel.
3. Zielgruppe
„Danube“ richtet sich an Leser*innen mit einem Faible für kulinarisch-kulturelle Entdeckungsreisen, die nicht nur nach Rezepten suchen, sondern auch bereit sind, sich auf historische, politische und persönliche Zusammenhänge einzulassen. Das Buch ist ideal für:
•Foodies mit Interesse an osteuropäischer und Balkan-Küche,
•kulinarisch interessierte Geschichtsenthusiast*innen,
•Leser*innen mit Vorliebe für erzählende, atmosphärische Kochbücher,
•Menschen, die traditionelle und regionale Rezepte suchen – viele davon vegetarisch, einige mit Fisch oder Fleisch, aber stets mit starker Verankerung im saisonalen, bodenständigen Kochen.
Die Rezepte selbst setzen ein gewisses Maß an Kochinteresse und Grundfertigkeiten voraus, sind aber klar erklärt und alltagstauglich, sofern man sich auf ungewohnte Zutaten oder Zubereitungen einlässt. Auch für Leser*innen mit kulturellen oder familiären Wurzeln entlang der Donau ist das Buch ein emotionaler Brückenschlag in die Vergangenheit.
4. Rezepte und Vielfalt
Anzahl der Rezepte:
Das Buch umfasst rund 80 Rezepte, verteilt auf neun thematisch und geografisch gegliederte Kapitel. Sie decken ein breites Spektrum von Alltagsgerichten bis zu Festtagsküche ab.
Vielfalt der Gerichte:
„Danube“ bietet eine beeindruckende kulinarische Bandbreite – von Eintöpfen, Suppen und Gemüsegerichten über Fisch, Lamm und Geflügel bis hin zu Pasteten, Broten, Süßspeisen und Eingemachtem. Viele Rezepte stammen aus der rumänischen Küche, doch Georgescu nimmt ihre Leser*innen mit auf eine Reise durch Serbien, Bulgarien und andere donaunahe Regionen – stets entlang kultureller Verbindungen und persönlicher Geschichten.
Originalität und Kreativität:
Viele Gerichte basieren auf traditionellen Rezepten, werden jedoch modern und alltagstauglich interpretiert. Besonders kreativ ist Georgescu im Einbeziehen kultureller Kontexte: Ein einfacher Grießauflauf erzählt bei ihr von osmanischer Geschichte, ein Sauergemüsegericht von armenischer Gastfreundschaft. Auch regionale Spezialitäten wie Tatarisches Fleischgebäck, fermentierte Getränke, Kräutergerichte oder Fastensuppen finden Platz. Das macht das Buch zu einem echten Schatz für alle, die nicht nur nach Rezepten, sondern nach authentischem kulinarischem Erbe in Rezeptform suchen.
5. Schwierigkeitsgrad
Die Rezepte in „Danube“ bewegen sich insgesamt auf einem einfachen Niveau. Viele Gerichte sind bodenständig und alltagstauglich, wie Eintöpfe, Aufstriche, einfache Backwaren oder Gemüsegerichte, die mit wenigen Zutaten auskommen. Der Umgang mit regionaltypischen Techniken – etwa das Einlegen oder Fermentieren erfordert allerdings gelegentlich etwas Erfahrung oder Neugier. Georgescu erklärt die Zubereitungsschritte jedoch sehr sorgfältig und mit Blick auf Umsetzbarkeit in westlichen Küchen. Zutaten, die in Osteuropa zum Standard gehören, werden entweder durch Alternativen ergänzt oder in ihrer Verwendung so beschrieben, dass auch Anfänger*innen nicht scheitern müssen. Einige der komplexeren Rezepte – wie gefüllte Teigtaschen, fermentierte Getränke oder mehrstufige Gebäcksorten – erfordern etwas mehr Zeit und Geduld, sind aber gut beschrieben und dadurch auch für ambitionierte Hobbyköch*innen machbar.
Besonders positiv: Das Buch enthält viele vegetarische und saisonale Rezepte, die sich flexibel abwandeln lassen – was es auch für weniger routinierte Köch*innen attraktiv macht.
6. Fotografie und Design
Bildqualität:
Die Fotografien stammen von Issy Croker, das Foodstyling übernahm Joss Herd. Die Fotos sind hochwertig, atmosphärisch dicht und dabei nie überinszeniert. Besonders gelungen ist der Spagat zwischen sachlicher Dokumentation und ästhetischer Anmutung. Neben stimmungsvollen Food-Aufnahmen finden sich viele Landschaftsbilder, Märkte, Menschen beim Kochen. Auch finden sich Menschen in Trachten, aber stets ohne ins Folkloristische zu kippen. Detailaufnahmen traditioneller Öfen, altes Geschirr oder Tischdecken mit Spitze erzählen ganz nebenbei vom kulturellen Erbe der Region.
Layout und Gestaltung:
Gestaltet wurde das Buch von Doreen Zheng (Evi-O.Studio) – und das Ergebnis ist ein rundum stimmiges Gesamtbild. Vom wunderschönen Cover, das mit fließenden Linien und gedecktem Blau-Gelb die Donau und die Verbindung von Wasser, Geschichte und Kultur visuell aufgreift, bis hin zur klaren Struktur der Rezeptseiten, auf denen sich kleine Illustrationen (Gemüse, stilisierte Blumen) wiederfinden: Hier passt Inhalt und Form perfekt zusammen.
Die Kapitel sind farblich differenziert, ohne zu laut zu werden – die gesamte Farbgebung bleibt gedämpft, natürlich und ruhig, was hervorragend zum Ton und Thema des Buches passt. Besonders positiv: Jedes Gericht ist fotografisch dokumentiert. Die Rezepttexte sind übersichtlich gegliedert, Überschriften zeigen sowohl die Originalbezeichnung als auch die englische Übersetzung. Nur wenige Rezepte gehen über mehr als eine Seite, was nur bei aufwendigeren Gerichten der Fall ist – hier sind die Bildanteile jedoch zierend, nicht erklärend.
Nutzung der Bilder:
Die Bilder dienen nicht der Instruktion, sondern der emotionalen Verankerung: Sie laden ein, schaffen Atmosphäre, erzählen Geschichten – und sie tun das auf ganz zurückhaltende, eindrückliche Weise. Besonders bemerkenswert ist dabei der authentische Umgang mit Herkunft und Handwerk, der sich nicht nur in den Gerichten, sondern auch in der visuellen Umsetzung spiegelt.
7. Sprache und Anleitungen
Die Texte in „Danube“ sind von hoher sprachlicher Qualität – sowohl in der Erzählform als auch in der Rezeptsprache. Irina Georgescu gelingt es, einen feinen, atmosphärisch dichten Ton zu finden, der zwischen persönlicher Erinnerung, historischer Reflexion und kulinarischer Anleitung balanciert. Die Sprache ist warm, ruhig und reflektiert, mit einem erzählerischen Stil, der Leser*innen abholt und an den Herd begleitet.
Auch die Rezeptanleitungen sind klar strukturiert, verständlich und präzise formuliert. Hier zeigt sich die redaktionelle Sorgfalt des Buches: Emily Preece-Morrison (Lektorat) und Sarah Prior (Korrektorat) haben ganze Arbeit geleistet – keine erkennbaren Fehler, keine missverständlichen Formulierungen. Die Schritte sind logisch aufgebaut, die Zutatenlisten vollständig, Mengenangaben nachvollziehbar.
Besonders hilfreich: Georgescu ergänzt immer wieder kleine Tipps und Hinweise, etwa zu saisonalen Varianten, regionalen Unterschieden oder geschmacklichen Feinheiten. Auch Zutaten, die außerhalb Osteuropas weniger bekannt sind, werden durch Kontext oder Alternativen greifbar gemacht.
Kurz gesagt: ein Buch, das sowohl erzählerisch als auch praktisch überzeugt – man liest es gern und kocht damit noch lieber.
8. Besonderheiten
„Danube“ überzeugt durch seine außergewöhnliche Tiefe und Authentizität. Was es besonders macht:
- Erzählerische Dichte: Jedes Kapitel beginnt mit einem atmosphärischen Essay, der Geschichte, Erinnerung und Kulinarik verbindet – ohne Pathos, aber mit viel Gefühl.
- Historischer und kultureller Kontext: Eingestreute Texte liefern Hintergründe zu regionalen Traditionen, Migration, Religion und Alltagsleben – etwa zur tatarischen Küche, zur Fastenkultur oder zur Brothistorie Olteniens.
- Zweisprachige Rezepttitel: Originalbezeichnungen und englische Übersetzungen würdigen die Herkunft der Gerichte und erleichtern die Orientierung in der Regionalküche.
- Visuell eingebettete Kultur: Menschen, Kleidung, Märkte und traditionelle Öfen erscheinen in den Bildern – nicht als Dekor, sondern als Teil des kulinarischen Erbes.
- Alltagstauglichkeit trotz Tiefe: Trotz des erzählerischen Anspruchs sind die Rezepte umsetzbar, strukturiert und laden zur praktischen Anwendung ein.
Kurzum: Ein Buch, das Kochen als kulturellen Akt begreift – kenntnisreich, nahbar und ohne Klischees.
9. Preis-Leistungs-Verhältnis
Preis des Buches: 28 GBP (englische Originalausgabe, Hardcover), im deutschen Buchhandel ab ca. 26 Euro erhältlich
Gemessen an der Ausstattung, dem Umfang und der inhaltlichen Tiefe ist der Preis für „Danube“ mehr als gerechtfertigt. Für rund 26 Euro bekommt man ein hochwertig produziertes, durchgehend bebildertes Hardcover, das nicht nur mit sorgfältig gestalteten Rezepten, sondern auch mit starken erzählerischen und historischen Inhalten punktet.
Besonders hervorzuheben ist das Verhältnis von ästhetischem Anspruch und praktischer Umsetzbarkeit: Die Rezepte sind gut recherchiert, funktionieren zuverlässig, und das Buch selbst ist optisch ein Genuss. Auch Leser*innen, die sich mehr für Esskultur und Kulinarikgeschichte interessieren als fürs tägliche Kochen, finden hier ein reiches Angebot.
Ob als Inspirationsquelle, Lesebuch, Reisetagebuch oder Kochhilfe – dieses Buch bietet viel für seinen Preis. Und: Es hat das Potenzial, langfristig ein Lieblingsbuch zu werden, nicht bloß eine Eintagsfliege im Kochbuchregal.
10. Gesamteindruck und Empfehlung
„Danube“ ist kein gewöhnliches Kochbuch – es ist ein kulinarisches Erzählwerk, ein Atlas der Erinnerung und eine Einladung, die Donau als kulturelle Lebensader zu verstehen. Irina Georgescu gelingt es, Geschichte, Familie, Landschaft und Essen so miteinander zu verweben, dass man beim Lesen nicht nur Hunger bekommt, sondern auch Staunen – über die Vielfalt, die Tiefe und die Geschichten, die in jedem Rezept mitschwingen.
Das Buch lebt von einer atmosphärisch dichten Sprache, es hat eine starke visuelle Kraft und eine klare Haltung: Georgescu schreibt gegen das Vergessen an, aber nicht mit erhobenem Zeigefinger – sondern mit Löffel, Brot und einem Glas fermentiertem Traubensaft.
Besonders berührend ist die Art, wie sie Menschen sichtbar macht, ohne sie vorzuführen: durch Brote in Händen, durch Kleidung, durch Märkte, durch Erinnerungen an Großväter und Großmütter, die Geschichte lebendig halten.
Die Rezepte sind abwechslungsreich, authentisch, oft überraschend einfach und voller regionaler Tiefe. Und auch wenn man vielleicht nicht jede fermentierte Hirse zubereiten möchte – man möchte doch alles lesen. „Danube“ ist ein Buch zum Kochen, zum Blättern, zum Verschenken und Behalten. Ein Herzensprojekt mit Intellekt, Tiefe und Schönheit – für alle, die das Erzählen genauso lieben wie das Kochen.
11. Bewertung
Gesamtbewertung: 🥄🥄🥄🥄🥄 🥄
Bewertung nach Kategorien:
• Inhalt und Konzept: 🥄🥄🥄🥄🥄🥄
• Zielgruppe: 🥄🥄🥄🥄🥄🥄
• Rezepte und Vielfalt: 🥄🥄🥄🥄🥄🥄
• Schwierigkeitsgrad: 🥄 🥄🥄
• Fotografie und Design: 🥄🥄🥄🥄🥄🥄
• Sprache und Anleitungen: 🥄🥄🥄🥄🥄🥄
• Besonderheiten: 🥄🥄🥄🥄🥄🥄
• Preis-Leistungs-Verhältnis: 🥄🥄🥄🥄🥄🥄
12. Nachgekocht

aus Rumänien. Unspektakulär, aber sehr schmackhaft und einfach schnell in der Pfanne gemacht: Zwiebeln langsam anschmörgeln lassen (das dauert am ganzen Gericht in der Zubereitung am längsten), gehackte Tomaten, Stangenbohnen und Gemüsebrühe dazu, Deckel drauf, keine 10 Minuten köcheln lassen, mit etwas Mehl leicht binden, viel Knoblauch und noch mehr Petersilie dazu geben, fertig!
Und wer es jetzt nur mit Brot serviert, isst vegan, wer noch einen Klecks Sauerrahm drauf setzt und das Brot buttert, dann halt vegetarisch. Vier Personen wären allerdings hier niemals von der Menge satt geworden – die Mengenangabe reichte für zwei.


Ein typisches rumänisches Fastenessen, schreibt Irina Georgescu – und außerhalb der Fastenzeit fügt man auch gerne Rind oder Huhn hinzu. Letzteres habe ich dann auch gemacht und es war köstlich und einfach und schnell. Also voll meins!

Die Quitten werden in Butter angeschmort und dann mit Puderzucker bestäubt und weiter gebraten, so dass eine feine Karamellschicht entsteht. Dann kommt der Reis dazu und dann wird mit etwas Rum abgelöscht. Gemüsebrühe angießen, Rosmarinzweige hinzufügen und ab in den Backofen damit. Nach 25 Minuten ist alles fertig gegart – sehr aromatisch und sehr stimmig mit einer kleinen Rosmarinnote. Toll!


Eine einfache, eher „trockene“ Variante eines Lammragouts mit viel grünem Gemüse, traditionell eigentlich nur mit dem Grün der Frühlingszwiebeln und viel (!) Knoblauch. Irina nimmt noch Spinat, Mangold und Schnittlauch dazu und Zwiebeln. Am Ende kommt noch ordentlich Säure dazu – der Saft einer großen Zitrone. Damit wäre ich beim nächsten Mal vorsichtiger. Und obwohl die Zubereitung der Fladenbrote in der Pfanne schnell geht, wurde hier aus Gründen der Nachhaltigkeit ein Baguetterest dazu gereicht. Wirklich mal etwas anderes! 😊